VBV im Diskurs #6 - 2023

VBV IM DISKURS Band 6 Herausgeber: Andreas Zakostelsky, Gabriele Faber-Wiener SOZIALE NACHHALTIGKEIT – ARBEIT : WIRTSCHAFT IM WANDEL

VBV IM DISKURS Band 6 SOZIALE NACHHALTIGKEIT – ARBEIT IM WANDEL

— 5 — „Wir tragen als Vordenker und Unternehmen mit Verantwortung maßgeblich zu Klimaschutz und Lebensqualität in Österreich bei.“ CSR-Vision der VBV-Gruppe

— 6 — Inhalt

— 7 — Editorial der Herausgeber Andreas Zakostelsky, VBV-Gruppe 9 Gabriele Faber-Wiener, Center for Responsible Management 13 Gespräche Das neue Leadership – Hierarchie oder Partizipation? 16 Die Rolle der Mitarbeitenden – Mensch oder Ressource? 30 Das Zukunftsbild der Arbeit – Wo geht die Reise hin? 44 Transformation der Wirtschaft – Wie kann das gehen? 58 Die VBV im Überblick 72 Impressum 77

— 9 — Soziale Nachhaltigkeit: Wir denken Nachhaltigkeit breiter. „VBV im Diskurs“ ist unser Ansatz, bei dem wir uns als Nachhaltigkeits-Pionier gemeinsam mit der Expertin Gabriele Faber-Wiener und namhaften Gästen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft den brennendsten Fragen der Gegenwart stellen. Die Online-Diskurs-Reihe zählt mittlerweile zu den führenden österreichischen Nachhaltigkeits-Formaten. Seit Mai 2020 fanden bereits 20 Diskussions-Veranstaltungen mit rund 100 prominenten Diskutantinnen und Diskutanten statt. Als wir die Reihe „VBV im Diskurs“ im Frühjahr 2020 ins Leben gerufen haben, konnten wir den Erfolg und das Interesse der Menschen nur erahnen. Immer mehr Menschen in unserem Umfeld schätzen den konstruktiven und qualitativ hochwertigen Diskurs rund um das Thema Nachhaltigkeit. Wir arbeiten daran, diesem Anspruch auch weiterhin gerecht zu werden. Daher widmen wir uns kontinuierlich spannenden neuen Themenstellungen. Wandel in der Arbeit, Transformation der Wirtschaft? In den vier Diskurs-Veranstaltungen von Herbst 2022 bis Frühjahr 2023 haben wir unseren inhaltlichen Schwerpunkt auf die soziale Dimension der Nachhaltigkeit gelegt. Denn Nachhaltigkeit geht über den reinen Umweltschutz-Gedanken weit hinaus. Inhaltliche Basis war für uns die angekündigte soziale Taxonomie der Europäischen Union – also das grundlegende Verhältnis zwischen Mensch und Arbeit. Unter dem Aufhänger „Soziale Nachhaltigkeit – Arbeit im Wandel“ haben wir uns der Mikro-, Makro- und Meso-Ebene gewidmet. Dabei beziehen wir verschiedene Positionen und fragen: Was macht „neue Arbeit“ aus? Aus Sicht der Mitarbeitenden, der Unternehmensführung und in Bezug auf den europäischen Arbeitsmarkt. Die Abschlussrunde dieses thematischen Blocks stand dann unter dem Aufhänger „Transformation der Wirtschaft – Wie kann das gehen?“. Damit konnten wir die einzelnen Fäden zu einem großen inhaltlichen Finale zusammenführen. KR Mag. Andreas Zakostelsky Generaldirektor VBV-Gruppe, Vorstandsvorsitzender VBV-Vorsorgekasse

— 10 — Alle Nachhaltigkeits-Dimensionen müssen zusammenspielen Hier zeigte sich auch mehr als deutlich, dass schlussendlich alle Dimensionen der Nachhaltigkeit zusammenwirken. Oder wie es Andreas Treichl so deutlich im Diskurs am 26. April formuliert hat: „Wir lügen uns in den Sack, wenn wir glauben, dass wir eine intakte Umwelt schaffen können, ohne eine Beeinträchtigung des sozialen Klimas und ohne eine Beeinträchtigung der Wirtschaft.“ Hart, aber treffend formuliert! Für mich ist ganz klar, dass die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit in unserem Leben nur gelingen kann, wenn alle Nachhaltigkeits-Dimensionen zusammenspielen. Die Aspekte Soziales, Ökonomie und Umwelt als Dreiklang in Einklang zu bringen und mithilfe der Innovationen der Industrie, positiven Impulsen aus der Wirtschaft und dem Anpacken der Gesellschaft eine erfolgreiche Transformation hinzubekommen, ist das erklärte Ziel. In allen Diskursen der letzten Monate war uns aber auch bewusst, dass es dazu aktuell einen qualifizierten Schub von Seiten der Politik benötigen würde. VBV im Diskurs: Zur nachhaltigeren Willensbildung beitragen Um dieses stärkere Engagement der Politik zu erleichtern, muss die Zivilgesellschaft zu einer nachhaltigeren Willensbildung beitragen, denn nur dann wird die Politik solche Strömungen auch aufgreifen. Hier setzen wir auch mit „VBV im Diskurs“ an. Wir wollen anregen, neue nachhaltigere Ansätze zu denken und dann auch umzusetzen. Ich denke, das gelingt uns in unseren Veranstaltungen immer besser. Übrigens: Wenn Sie die eine oder andere Folge unseres Diskurses versäumt haben, kann ich nur empfehlen, die Aufzeichnung nachzusehen. Sie finden alle Folgen auf unserem YouTube Kanal: https://www.youtube.com/@VBV-Gruppe VBV lebt Nachhaltigkeit vor Es geht uns aber nicht nur um den Diskurs. Wir nehmen unsere Verantwortung als nachhaltige Unternehmens-Gruppe seit vielen Jahren ernst. Daher hat die VBV-Gruppe in ihren beiden großen Gesellschaften, der VBV-Pen- „Wir wollen anregen, neue nachhaltigere Ansätze zu denken und dann auch umzusetzen.“

— 11 — sionskasse und der VBV-Vorsorgekasse, im Jahr 2022 eine Klimastrategie beschlossen und veröffentlicht. Dies soll ermöglichen, dass die VBV bis zum Jahr 2050 die Treibhausgas-Emissionen im Kerngeschäft der Veranlagung auf Netto Null reduzieren kann und somit klimaneutral wird. Diese Klimastrategie ist die strategische Spitze unserer hohen Nachhaltigkeitsstandards. Wir haben uns als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz bereits lange vor der nun festgelegten Klimastrategie dazu verpflichtet, zum Erreichen der Klimaziele von Paris beizutragen. Als Nachhaltigkeits-Pionier stellt die VBV mit ihrer Pensionskasse und Vorsorgekasse gleich zwei der neun Gründungs-Mitgliedsunternehmen der 2022 ins Leben gerufenen Green Finance Alliance des Klimaschutzministeriums. Mitglieder der Green Finance Alliance nehmen eine Vorreiterrolle für den Klimaschutz ein und zeigen die Vereinbarkeit von Klimaschutz und nachhaltigem Wirtschaften. Vor kurzem hat die VBV-Vorsorgekasse zudem als erstes österreichisches Unternehmen den „Finance for Biodiversity Pledge“ unterzeichnet und ist damit der „Finance for Biodiversity Foundation“ beigetreten. Damit gehören wir zur Gruppe an Unternehmen, die sich verpflichtet haben, auf internationaler Ebene einen Beitrag zu leisten, um die Biodiversität durch ihre Finanzaktivitäten zu schützen und wiederherzustellen. Unser Diskurs im Herbst 2023 Wir setzen „VBV im Diskurs“ auch im Herbst 2023 weiter fort. Wir freuen uns schon, wenn Sie wieder mit dabei sind. Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich spannende Impulse durch das vorliegende Buch. Herzlichst, Ihr Andreas Zakostelsky PS: Wie immer freue ich mich auch dieses Mal über Ihr Feedback an a.zakostelsky@vbv.at

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— 13 — Der Mensch im Mittelpunkt Noch immer assoziieren viele den Begriff Nachhaltigkeit primär mit Umwelt- und Klimaschutz. Dabei ist es der Mensch, auf den es ankommt, wenn es darum geht, unseren Planeten den nächsten Generationen zu übergeben. Diese soziale Dimension der Nachhaltigkeit wurde bisher vernachlässigt. Darum stand der Mensch auch im Mittelpunkt der Herbstreihe von „VBV im Diskurs“ – vor allem das Verhältnis zwischen Mensch und Arbeit. Mitarbeitende sind das Herzstück von Unternehmen. Sie sind heute viel mehr als eine „Ressource“, ein „Mittel zum Zweck“. Es ist kein Zufall, dass wir für den Titel zu Immanuel Kant zurückgegriffen haben – mit der berühmten Ansage in seiner „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“: Nämlich Menschen nie nur als Mittel zum Zweck zu betrachten. Genau diese Haltung ist aber heute omnipräsent – Menschen werden in weiten Teilen der Welt oft primär als Ressourcen für Unternehmen gesehen, denken wir nur an den Begriff „Human Ressouces“. Da stellt sich sofort die Frage: Was steckt da für ein Menschenbild dahinter? Ist das noch zeitgemäß? Sind wir uns dessen überhaupt bewusst, dass wir hier ein Problem haben? Diesen – zugegeben sehr grundsätzlichen – Fragen haben wir uns bei der Diskussion gestellt. Die Antworten sind mehr als spannend. Sie zeigen ganz klar den Paradigmenwechsel, in dem wir uns befinden. In vielen Branchen drehen sich die Machtverhältnisse um. Wir haben heute keinen Arbeitgebermarkt mehr wie in den vergangenen Jahrzehnten. Es sind immer mehr die ArbeitnehmerInnen, die den Ton angeben – nicht nur aufgrund der Verschiebung von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt, sondern auch aufgrund des Generationenwechsels. Vor allem die Motive und Vorstellungen der jungen Generation differenzieren sich. Sie hinterfragen Sinn und Arbeitsbedingungen, wollen mehr Freizeit und Lebensqualität. Prof.in (FH) Gabriele Faber-Wiener, MBA Center for Responsible Management „In vielen Branchen drehen sich die Machtverhältnisse um. Wir haben heute keinen Arbeitgebermarkt mehr wie in den vergangenen Jahrzehnten.“

— 14 — Das hat massive Auswirkungen in der Arbeitswelt. Der Begriff Employer Branding wird daher immer mehr zum Schlüsselwort für Unternehmen. Dabei geht es darum, sich am Arbeitsmarkt als vertrauenswürdiger und guter Arbeitgeber zu positionieren. Allerdings ist eine reine Positionierung nach außen zu wenig. Hochglanzbroschüren reichen nicht. Der Arbeitsmarkt entscheidet sich immer mehr durch digitale Netzwerke. Dort werden Erfahrungen geteilt und Unternehmen immer mehr unter die Lupe genommen. Damit ist die Innenwelt nicht mehr von der Außenwelt zu trennen. Es gilt das Prinzip „walk the talk“. Unternehmen müssen sich daher verändern, um zukunftsfähig zu bleiben. Das beginnt bei der Führung, denn der Fisch stinkt bekanntlich immer vom Kopf. Das Schlüsselwort heute ist New Leadership bzw. Responsible Leadership – ein Führungsstil, der auf Vertrauen, Eigenverantwortung und Wertschätzung basiert. Corona hat hier einen massiven Entwicklungsschub gebracht. Gleichzeitig haben sich die Rahmenbedingungen dadurch noch verschärft. Führung ist noch wichtiger, aber auch viel komplexer geworden. Diese Komplexität wird durch die Herausforderungen des Klimawandels verstärkt. Viele Bereiche der Erwerbsarbeit erfüllen momentan nicht die Voraussetzungen, die wir für ein klimafreundliches Leben brauchen. Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft – so wie es als Ziel des EU Green Deal definiert ist – bedeutet, dass wir auch die Arbeit als Ganzes neu denken müssen. Sie ist – so wie vieles andere – massiv im Umbruch. Wir müssen nicht nur unsere Geschäfts- und Lebensmodelle, sondern auch die Beziehung zwischen Nachhaltigkeit und Arbeitsplatz hinterfragen und beleuchten. Und vor allem müssen wir hier inklusiv agieren, d.h. wir müssen in die Transformationsprozesse auch die Beschäftigten selber wie auch ihre Vertretungen einbeziehen – aber gleichzeitig müssen alle flexibel sein, d.h. das große Ganze im Fokus haben, und nicht nur die eigene Klientel. Damit ist eines klar: Nachhaltigkeit in der Arbeitswelt ist ein ganz großes Thema, das für viele Unternehmen existenziell wird, das aber gleichzeitig viele noch nicht am Schirm haben. Meine zweite Conclusio bestärkt die These, die wir zu Beginn dieser Veranstaltungsreihe aufgestellt haben: Wir alle sind die Wirtschaft. Wirt-

— 15 — schaft wird von Menschen gemacht und nicht umgekehrt. Das bedeutet, der alte Slogan der Wirtschaftskammer „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s den Menschen gut“ ist völlig überholt. Wir müssen ihn umdrehen, in Richtung „Geht’s den Menschen gut, geht’s der Wirtschaft gut“. Das hat auch der von mir sehr geschätzte Wirtschaftsethiker Peter Ulrich gesagt und noch weit vor ihm Aristoteles, nämlich, dass Wirtschaft eine dienende Funktion für die Gesellschaft hat und nicht umgekehrt. Diese Haltungsänderung ist aber nicht so leicht, gilt es doch, sich von Überzeugungen und Vorstellungen zu trennen. Wie kann das gelingen? Am Anfang steht immer der Diskurs – und da schließt sich der Kreis, denn da waren sich in der Diskussion so gut wie alle einig: Wir brauchen einen Diskurs darüber, was gute Arbeit in Zukunft heißt und auch braucht – ohne Polarisierung der einen oder anderen Seite. Das bedeutet: Wir müssen mehr miteinander statt gegeneinander arbeiten. Gelingt uns das, können wir wieder mit mehr Optimismus in die Zukunft blicken, denn, wie es bei uns so schön heißt: Nur durchs Reden kommen die Leute wirklich zusammen. Mit den besten Grüßen, Gabriele Faber-Wiener

— 16 — Das neue Leadership – Hierarchie oder Partizipation? SOZIALE NACHHALTIGKEIT – ARBEIT IM WANDEL

— 17 — • Wie verändert sich Führung? • Wie hängen Führung und Nachhaltigkeit zusammen? • Wie kann Responsible Leadership gelingen? VBV im Diskurs – 16. November 2022

— 18 — Bodo Janssen Geschäftsführer, Upstalsboom Hotel + Freizeit GmbH & Co. KG Er leitet eine Hotelgruppe mit über 700 MitarbeiterInnen und ist Autor mehrerer Management-Ratgeber zum Thema Führen mit Sinn und Menschlichkeit. Dabei geht es ihm vor allem um Vertrauen, aber auch um aktives Zuhören. Mag. Christoph Lehr, CSE Personalchef, Flughafen Wien AG Er ist seit über 20 Jahren Personalchef des Flughafen Wiens, bei dem über 5.000 MitarbeiterInnen beschäftigt sind. Pandemiebedingt hat er mehrere turbulente Jahre hinter sich. Er weiß, jede Tätigkeit ist anders und bedingt daher auch unterschiedliche Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Hannah Lux Sozialunternehmerin und Gründerin, Café Vollpension Die Sozialunternehmerin hat mit der „Vollpension“ ein Café gegründet, das PensionistInnen eine Zuverdienstmöglichkeit eröffnet und so aktiv Altersarmut entgegen wirkt. Das Unternehmen beschäftigt 120 MitarbeiterInnen. Den dortigen Führungsstil beschreibt sie selbst als partizipativ hierarchisch. ZU GAST:

— 19 — Markus Stelzmann Geschäftsführer, Tele Haase Steuergeräte Ges.m.b.H. Er hat in seiner Firma eine holokratische Organisationsform geschaffen, die weitgehend auf Hierarchie verzichtet. 2022 wurden er und sein Team für den TRIGOS 2022 in der Kategorie MitarbeiterInnen-Initiativen ausgezeichnet. Martin Wollmann Mitglied der Geschäftsleitung, Chief Human Ressources Officer, Lidl Österreich GmbH. Er kommt aus dem IT-Bereich, für den er 15 Jahre auch bei Lidl beschäftigt war. Seit 2020 hat er die Personalleitung für Österreich inne. Sein erklärtes Ziel für Lidl ist es, ein verlässlicher Arbeitgeber zu sein und echte Chancen zu bieten. VBV IM DISKURS

— 20 — ein neuer Stil

— 21 — Von empathischen Leadern und engagierten Mitarbeitenden Wenn sich die Zeiten wandeln, muss auch Führung neu gedacht werden. Nachhaltige Führung setzt nicht auf Autorität und absolute Hierarchiehörigkeit. Sie rückt die Mitarbeitenden ins Zentrum und fokussiert auf Partizipation und Vertrauen. Nur dadurch ist Innovation möglich, die so wichtig ist im Kontext sich rasch ändernder Rahmenbedingungen. In einer Welt des steten und an Geschwindigkeit zunehmenden Wandels ist Veränderungsbereitschaft ein Gebot der Stunde. Das gilt nicht zuletzt für Unternehmen, deren Erfolg und Zukunftsfähigkeit zu einem guten Teil von ihrer Anpassungsfähigkeit abhängen. Eine Unternehmenskultur, in der Innovation einen zentralen Stellenwert einnimmt, setzt eine Führungsetage mit entsprechendem Mindset voraus. Doch offensichtlich klaffen hier Anspruch und Realität einigermaßen weit auseinander. In der aktuellen Umfrage für das Manager-Barometer 20221 der Personalberatung Odgers Berndtson wurden Führungskräfte aus deutschen Groß- und Mittelstandsbetrieben unter anderem nach der Innovationskraft ihres Unternehmens befragt. Lediglich 40 Prozent der Befragten maßen dieser Fähigkeit Relevanz bei. Das lässt zweifeln an der Veränderungsbereitschaft der Entscheidungsträger. Ein Schlüsselbegriff, der in diesem Kontext häufig genannt wird, ist „New Leadership“ bzw. „Responsible Leadership“ – ein Führungsstil, der auf Vertrauen, Eigenverantwortung und Wertschätzung basiert. Diese Rahmenbedingungen werden landläufig als Voraussetzungen für eine Kultur der Innovationsbereitschaft angesehen und waren Thema des „VBV im Diskurs“ Gesprächs vom 16. November 2022. In dieser Veranstaltung widmete sich das Forum der sozialen Nachhaltigkeit und der Arbeit im Wandel. 1 https://media.odgersberndtson.de/OB-ManagerBarometer-2022.pdf, S. 35

— 22 — Managen Sie noch oder sind Sie bereits Führungspersönlichkeit? Die Führung von Unternehmen bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen Hierarchie und Partizipation. Auf der Ebene der Funktionen wird dies vom Manager auf der einen und der Führungspersönlichkeit auf der anderen Seite symbolisiert. Als die „Fähigkeit, sich dem erfolgreich zu stellen, was auf einen zukommt“, beschreibt Bodo Janssen das herausragende Merkmal eines Leaders. Janssen ist der Geschäftsführer von Upstalsboom, einem Betreiber von Hotels und Ferienwohnanlagen und Autor mehrerer Management-Ratgeber zum Thema Führen mit Sinn und Menschlichkeit. Auch wenn Leadership und Management häufig synonym benutzt werden, steckt hinter beiden Begriffen dennoch eine andere Einstellung zum Führen von Beschäftigten. „Leadership ist auch ein Handwerk, das man lernen kann, das man lernen muss, was aber viel näher bei den Menschen ist. Während Management aus meiner Sicht eher bei Produkten, Abläufen, Prozessen oder Ähnlichem angesiedelt ist.“ Diese Einordnung trifft Martin Wollmann, Chief Human Ressources Officer bei Lidl Österreich. Hier ergibt sich demnach eine Unterscheidung zwischen dem kontrollierenden Manager und dem empathischen Leader. Während der eine von Zahlen und Key Performance Indicators getrieben ist, setzt der andere beim Menschen an. Managen bedeutet auch exakt zu planen: Budgets, Projektpläne, Kostenstellen oder Verkaufszahlen, um anschließend die Erreichung dieser Zahlen penibel zu kontrollieren. Bodo Janssen kann damit wenig anfangen: „Wir sagen bei uns, Planung ist 80er Jahre.“ Seiner Ansicht nach ist das aufgrund sich rasch ändernder Rahmenbedingungen kaum möglich. Viel wichtiger sei agiles Reagieren, um sich der jeweiligen Situation anzupassen. Angesichts der zunehmenden Unsicherheiten ist mehr Gefühl als solides Handwerk gefragt. Dieser Meinung ist auch Andreas Zakostelsky, Generaldirektor der VBV-Gruppe: „Führungskräfte brauchen heute mehr denn je Empathie, einfach Gefühl. Gefühl für die Menschen, Gefühl für Situationen“. Dieses Einfühlungsvermögen ist vor allem in unruhigen „Leadership ist ein Handwerk, das man lernen kann.“ Martin Wollmann „Führungskräfte brauchen heute mehr denn je Empathie“ Andreas Zakostelsky

— 23 — Zeiten wichtig, wenn es darum geht, für die Belegschaft der sprichwörtliche Fels in der Brandung zu sein. Ein Fixpunkt, an den man sich jederzeit wenden kann und der auf dem gemeinsamen Weg vorangeht. „Menschen zu begeistern, zusammenzubringen und das Zielbild gemeinsam zu malen.“ Mit dieser Beschreibung rundet Markus Stelzmann, CEO des Wiener Technologieunternehmens TELE Haase, das Anforderungsprofil einer Führungskraft ab. „Unsere Aufgabe oder meine Aufgabe oder die Aufgabe der Geschäftsleitung ist es einfach, die Mitarbeiter zu begleiten“, so Stelzmann. Gleiche Anforderung, unterschiedliche Kommunikation Wer in puncto Führung davon spricht, wie wichtig es ist, sich in die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hineinzuversetzen, mit ihnen an Visionen zu arbeiten und ihnen zuzuhören, muss aber auch verstehen, dass das definitiv nicht jeder Mitarbeitende will. Während ein Creative Director gut und gerne über Zukunftspläne und Bilanzen philosophieren kann, wird dies im Bereich der körperlichen Arbeit, der sogenannten Blue Collar Workers, auf weniger Gegenliebe stoßen. Hier gilt es an einer völlig anderen Basis anzusetzen. „Jemand, der am Tag zehn Tonnen hebt, weil er Koffer ins Flugzeug ein- und auslädt, fährt am Abend körperlich fertig nach Hause. Der Schranken geht runter. Der muss dann nicht begeistert werden, dass er kommt. Wenn der mal 25 Jahre da gearbeitet hat, dann ist die Routine vielleicht das Bessere“, sagt Christoph Lehr. Dort sieht der Personalchef der Flughafen Wien AG einen wichtigen Teil seiner Belegschaft, weshalb auch seine Herangehensweise an die Führungskräfte entsprechend angepasst ist. „Wir reden dann darüber, was wertschätzender Zugang zum Mitarbeiter bedeutet, indem wir etwa Möglichkeiten diskutieren, wie man Urlaubsvergabe partizipativ macht.“ Die Form ist eine andere, der Inhalt allerdings der gleiche: die Auseinandersetzung mit den Menschen. „Heutzutage bedeutet Führungserfolg für mich, dass die Menschen abends aufrechter nach Hause gehen, als „Jemand, der am Tag zehn Tonnen hebt, fährt am Abend körperlich fertig nach Hause. Wenn der mal 25 Jahre gearbeitet hat, dann ist die Routine vielleicht das Bessere. Christoph Lehr “

— 24 — Sustainable Leadership: Was nachhaltige Unternehmensführung ausmacht Die Erfüllung der ESG-Kriterien beschäftigt Unternehmen nicht zuletzt aufgrund der darauf basierenden Berichtspflichten. Während dem „E“ im Sinne von Environment, also der Umwelt, viel Beachtung geschenkt wird, rücken Themen wie Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) in der öffentlichen Wahrnehmung häufig in den Hintergrund. Das „S“ steht nach außen hin für soziales Engagement und andererseits auch für den firmeninternen Umgang mit den Mitarbeitenden. Auf ihre mentale und physische Gesundheit soll geachtet, die Möglichkeit zur Weiterbildung angeboten werden und auch die Einstellungspolitik eines Unternehmens spielt eine Rolle. Diversität ist hier das Stichwort. Vermeidung von Diskriminierung aufgrund der Herkunft, sexuellen Orientierung oder Geschlechtszugehörigkeit muss Priorität haben. Die oft erwähnte Frauenquote soll etwa verhindern, dass Führungsetagen zu reinen Männervereinen werden. sie morgens gekommen sind“, resümiert Bodo Janssen. Gewissermaßen eine Work-Life-Balance, die bereits während der Arbeitszeit beginnt. Vertrauen als Währung der Zukunft Managen bedeutet, Abläufe im Blick und damit unter Kontrolle zu haben, während hingegen Leadership auf Vertrauen baut. „Kann man Menschen eigentlich führen, so wie sich Gesellschaft gerade entwickelt, oder geht es nicht viel mehr darum, Beziehungen zu ermöglichen und Räume zu gestalten, eben wo Menschen sich selbst führen?“ Diese Frage stellt sich Hannah Lux, die Gründerin des sozialen Gastronomieunternehmens Info

— 25 — Die Unternehmensführung ist ebenfalls ein wichtiger Part der Firmenkultur. Die Art und Weise, wie das Management agiert, hat entscheidende Auswirkungen auf das Verhalten der Angestellten. Ebenso wie der sprichwörtliche Fisch immer vom Kopf her zu stinken beginnt, verhält es sich auch umgekehrt mit positiven Rückkoppelungen. Neben rechtlichen Vorgaben, wie etwa der Kampf gegen Bestechung und Korruption, setzt das „G“ in ESG auch bei der firmeninternen Interaktion an. Führungskräfte sollen mit gutem Beispiel vorangehen und nur das predigen, was sie auch selbst leben. Innovative Ansätze zu entwickeln und damit neue Impulse zu schaffen steht ebenso auf der Anforderungsliste wie der Belegschaft eine Vision für die Zukunft aufzuzeigen. Ein Leader setzt – im Gegensatz zum Manager – nachhaltige Zeichen, die weit über das klassische Management der Zahlen hinausgehen. Nachhaltigkeit braucht als Grundlage neue flexible Denkansätze, um auf die Herausforderungen in unsteten Zeiten reagieren zu können. Wer in seiner Arbeit einen konkreten Sinn erkennt, bleibt dem Unternehmen einerseits eher gewogen und arbeitet andererseits erfüllter und somit effizienter. „Vollpension“. Micro-Management bis ins kleinste Detail ist Schnee von gestern, denn den Mitarbeitenden bei jedem Handgriff auf die Finger zu schauen, lässt wenig Platz für freies Arbeiten, demotiviert und vertreibt die wirklich guten Leute in der Belegschaft. Loslassen ist das Prinzip der Stunde, wenn es um den erfolgreichen Führungsstil von heute und für morgen geht. Beiderseitiges Vertrauen ist die Basis dafür. Das ist allerdings nichts, worüber man verfügen kann. „Ich kann jetzt nicht sagen: Bitte vertrauen Sie mir jetzt, sondern Vertrauen entsteht durch das, was ich tue, in meinem Gegenüber.“ Damit beschreibt Bodo Janssen einen wesentlichen Anspruch an die Führungskraft. Die Zügel auch mal loszulassen und zu sehen, was passiert, indem man MitarbeiInfo

— 26 — „Wir bauen den Rahmen. Das ist die Struktur, in der wir uns bewegen. Aber das heißt nicht, dass keine Partizipationsmöglichkeiten bestehen.“ Hannah Lux tenden vertraut, wird also im besten Fall mit Vertrauen belohnt. Und dieses Vertrauen „ist die Währung der Zukunft“, prophezeit Markus Stelzmann. Es setzt Kreativität frei und lässt Mitarbeitende ihr volles Potenzial ausschöpfen. Die Kontrolle mal abzugeben ist durchaus schwierig, meint auch Hannah Lux. Aber es ist gleichzeitig unglaublich bereichernd, menschlich wie wirtschaftlich. „Dabei kann ungeahnte Innovationskraft entstehen“, ist sie überzeugt. Gerade in den viel proklamierten „Zeiten des Wandels“, wo Unvorhersehbarkeit zur Konstante wird, ist wechselseitiges Vertrauen die Maxime und löst somit die gewohnte Kontrolle ab. „Manche sagen, man kann es so nicht differenzieren, aber natürlich ist in Krisensituationen vermutlich mehr Leadership gefragt als Management. Wenn’s ruhig geht, reicht das vermutlich“, so Gabriele Faber-Wiener, Leiterin des Center for Responsible Management. Ganz deutlich wurde das etwa beim ersten Corona-Lockdown, als plötzlich alles schnell gehen musste, damit die Arbeit auch im Homeoffice in bisheriger Qualität fortgeführt werden konnte. Führungskräfte, die hier nicht bereit waren, Kontrolle abzugeben, weil sie etwa Angst davor hatten, dass sich die Mitarbeitenden im Homeoffice nicht selbst organisieren können, waren ganz klar im Hintertreffen. Von Rahmen und Werten Sollte die altbekannte Redewendung jetzt einfach umgekehrt werden: Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser? Funktioniert die Arbeitswelt auch ohne hierarchische Muster? Ganz so einfach ist es nicht, sagt Hannah Lux. Natürlich müssen gewisse Strukturen top-down festgelegt werden. „Wir bauen den Rahmen und der muss ganz klar sein. Das ist die Struktur, in der wir uns bewegen“, beschreibt sie die Herangehensweise in der „Vollpension“. „Aber das heißt nicht, nur weil es Hierarchie gibt, dass keine Partizipationsmöglichkeiten bestehen“, betont Hannah Lux. Das eine schließt das andere nicht aus, sondern sie gehen eine friedliche Koexistenz ein. „Vertrauen ist die Währung der Zukunft.“ Markus Stelzmann

— 27 — Mit diesem Ansatz kann sich auch Markus Stelzmann identifizieren. Er spricht von Strukturen mit beweglichem Rahmen und fasst seine Führungsphilosophie in folgendem Satz zusammen: „Bei uns heißt es ganz einfach: Die Organisation steht über allem, aber jeder ist herzlich eingeladen, sie zu verändern.“ Hierarchische Konstrukte werden von aktiven Teilnahmeangeboten an die Belegschaft abgelöst. Anstatt die Zügel völlig aus der Hand zu geben, werden sie gelockert und durch eine längere Version mit mehr Bewegungsspielraum ersetzt. Dabei muss klar sein, dass das nicht von jedem in gleicher Weise angenommen wird. Genauso wenig, wie man Vertrauen verordnen kann, kann man über die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, verfügen. „Das liegt nicht in meiner Macht, ob ein Mensch bereit ist, Verantwortung zu übernehmen“, meint Bodo Janssen. Mitarbeitende, so Janssen, tun das dann, wenn ihre Tätigkeit ihnen sinnvoll erscheint. Ebenso bedeuten partizipative Ansätze einen höheren Aufwand für die Führungskräfte, wie Christoph Lehr betont. Während sich der autoritäre Patriarch nicht erklären muss, braucht Leadership sehr viel Gesprächsbereitschaft. „Dass viel Kommunikation wichtig ist und eine totale Kraftanstrengung, war ein Learning für uns“, so Christoph Lehr. Martin Wollmann plädiert für ein empathisches Selbstbild der Führungskraft. Wer gerne seine Macht und Position demonstriert, war in der Vergangenheit sicher gefürchtet und Angst ist auch eine Antriebskraft, allerdings keine nachhaltige. Nicht zuletzt, weil gefürchtete Manager mit der Zeit nur mehr von „Ja-Sagern“ umgeben sind, wie Gabriele Faber-Wiener betont. Im Gegensatz dazu scheut ein guter Manager nicht die Auseinandersetzung mit Kritikern. Freude am Leadership Die eigene Grundhaltung ist daher mitentscheidend im Umgang mit Mitarbeitenden. „Ich freue mich einfach, wenn ich ins Unternehmen kommen kann. Es tut mir gut, wenn ich da bin. Es tut mir gut, mit den Mitarbeitenden zu sein.“ Markus Stelzmann beschreibt jenen Arbeitsalltag, den sich vermutlich alle Führungskräfte wünschen. Es gilt mittendrin statt nur dabei zu sein. Raus aus dem Elfenbeinturm Chefbüro und hinein in das Unternehmen, zu den Menschen. Begegnungen auf Augenhöhe passieren eher im direkten Kontakt als in Mails oder Meetings.

— 28 — „In jeder Begegnung, die ich habe, findet Führung statt“, führt Bodo Janssen an. Am Kaffeeautomaten kommt man schneller und vermutlich auch ehrlicher ins Gespräch als in einem etwaigen Mitarbeitendengespräch. Es ist mittlerweile gelebte Praxis in vielen Unternehmen, dass man sich vom klassischen Führungsmodell einer Pyramide mit dem „Chef“ an der obersten Spitze verabschiedet hat. Diese Idee wurde von Netzwerken mit verteilter Führung abgelöst, so Martin Wollmann. Die tägliche Arbeit ist projektgetrieben, in größeren Unternehmen auch international und standortübergreifend. Das funktioniert nicht über eine einfache Kommandostruktur im Sinne eines nach oben enger werdenden Organigramms. Andreas Zakostelsky ist der Ansicht, dass die Aufgabe einer Top-Führungskraft auch nicht darin besteht, jeden einzelnen Takt selbst vorzugeben. „Diese Leute brauchen eine Vision. Sie müssen für etwas brennen“, so der VBV-Generaldirektor. Und gleichzeitig geht es auch darum, nie die Erdung zu verlieren. Selbst die beste und erfolgreichste Führungskraft macht einerseits immer noch genug Fehler und könnte andererseits nicht ohne die Menschen um sich herum reüssieren. „Es geht um eine gewisse Demut auch vor dem Amt oder vor der Position. Das ist ja nicht immer alles nur mein eigenes Verdienst, wo ich bin“, hält Gabriele Faber-Wiener fest. Mit der nötigen Bodenhaftung neu denken, mit den Mitarbeitenden an einem Strang ziehen und das alles mit einer verträglichen Prise Hierarchie versehen. Denn auch die hat situativ ihre Vorzüge, wenn es etwa um die Notwendigkeit schneller Entscheidungen geht, wie Christoph Lehr betont. Aber auch solche kann man empathisch vorbereiten. „Das ist auch in Hierarchien möglich“, ergänzt der HR-Chef des Wiener Flughafens. Diese Grundzutaten ergeben die ideale Führungskultur von heute und morgen. Im Mittelpunkt stehen jedoch immer die Menschen und nicht das Führen an sich. Und keiner hat das vermutlich besser auf den Punkt gebracht als Mahatma Gandhi, als er sagte: „Führung wurde zu einer Zeit mit Kraft gleichgesetzt. Heute bedeutet es, wie man mit den Menschen auskommt.“ ● „In jeder Begegnung, die ich habe, findet Führung statt.“ Bodo Janssen

— 29 — Bekomme ich später mal eine Pension? Und wie lange sollte ich arbeiten, um später gut versorgt zu sein? Wie könnte ich eine Zusatzpension bekommen? Wir beleuchten das heimische Pensionssystem, sehen uns mit ExpertInnen die Ursprünge und die Qualität des Systems an, hinterfragen die Krisensicherheit und diskutieren über die Zukunft der heutigen Pension. Hier alles rund ums heimische Pensionssystem anhören. V RDenken Nachhaltige Ansätze für morgen Der Podcast der VBV https://www.vbv.at/nachhaltigkeit/vordenken-der-vbv-podcast/

— 30 — SOZIALE NACHHALTIGKEIT – ARBEIT IM WANDEL Die Rolle der Mitarbeitenden – Mensch oder Ressource?

— 31 — • Wie verändern sich die Arbeitsbedingungen und Anforderungen? • Wie bekommt man die Ansprüche der Mitarbeitenden mit den Anforderungen der Wirtschaft unter einen Hut? • Hackler, Boomer, Millenials – wie schafft man Generationenverständnis? VBV im Diskurs – 6. Dezember 2022

— 32 — Ass. Prof. Priv. Doz. Dr. André Ewers Leitung Koordination klinische Pflegewissenschaft & Pflegeforschung Uniklinikum Salzburg Er ist Leiter der Koordinationsstelle der klinischen Pflegewissenschaft und -forschung am Uniklinikum Salzburg. Zuvor war er viele Jahre als Krankenpfleger im Intensivbereich und Stationsleiter tätig. Seinen letzten Einsatz in der Pflegepraxis hatte er während der Pandemie im COVID Bereich. Karoline Klezl, B.A. Geschäftsführerin, Fam. Querfeld Gastronomie Sie ist Mitglied der bekannten Kaffeehausfamilie Querfeld in Wien und leitet in dritter Generation einige der Niederlassungen, wie zum Beispiel das Café Mozart. Darüber hinaus ist sie auch für zentrale Bereiche wie z.B. das Employer Branding und die MitarbeiterInnen-Entwicklung zuständig. ZU GAST: Rebekka Dober Gründerin und CEO, YEP - Stimme der Jugend YEP ist ein Verein, der sich als Stimme der Jugend versteht und Partizipationsprozesse mit Jugendlichen aufsetzt – das geht von Schulworkshops bis hin zu Beteiligungsprojekten von Unternehmen. Diese Advocacy-Rolle übernimmt YEP aber auch in anderer Form – u.a. haben sie eine spannende Studie über die Bedürfnisse von Jugendlichen am Arbeitsmarkt veröffentlicht.

— 33 — VBV IM DISKURS Dr. Johannes Kopf, LL.M. Vorstandsvorsitzender, AMS Österreich Der Vorstandsvorsitzende des AMS Österreich ist vermutlich einer der versiertesten und gefragtesten Experten, wenn es um den Arbeitsmarkt und dessen Entwicklung geht. Barbara Teiber, MA Bundesvorsitzende, Gewerkschaft GPA Sie ist Bundesvorsitzende der Gewerkschaft für Privatangestellte. Darüber hinaus ist sie Vizepräsidentin der Arbeiterkammer Wien und Mitglied des Verwaltungsrats der Österreichischen Gesundheitskasse.

— 34 — ein neuer Markt

— 35 — Die neue Macht der Mitarbeitenden In sehr kurzer Zeit hat sich während der Corona-Pandemie der Arbeitsmarkt grundlegend verändert. Das Angebot an Arbeitsplätzen ist plötzlich größer als die Nachfrage danach. Allerorten wird über Arbeitskräftemangel geklagt und für junge Menschen steht das Engagement im Beruf oder für die Karriere vielfach nicht an erster Stelle. Das bringt neue Herausforderungen für Unternehmen und es müssen Fragen beantwortet werden, die sich vor kurzem noch gar nicht stellten. Der sogenannte Generationenvertrag gilt seit Jahrzehnten als eine zentrale Säule gesellschaftlichen Zusammenhalts und Wohlstands. Dass die Finanzierung der Pensionen angesichts der demografischen Entwicklung zur Herausforderung wird, war lange klar – ebenso die vermeintliche Antwort darauf: eine Mehrleistung der jungen Menschen, um den Ruhestand der älteren zu finanzieren. Nachdem sich die Babyboomer nun Schritt für Schritt aus dem Erwerbsleben zurückziehen, wird allerdings offensichtlich, dass die nachrückenden Generationen Y (Jahrgänge 1980-1994) und Z (1995-2010) ihre eigenen Pläne haben. „Wir haben es zu tun mit einer jungen Generation, die weniger arbeiten möchte und das auch selbstbewusst fordert“, erklärt Gabriele Faber-Wiener zu Beginn der Diskussion zum Wandel der Arbeitswelt und der Rolle der Mitarbeitenden. Und in diesem Kontext stellt sich die Leiterin des Center for Responsible Management die Frage, ob unter diesen Rahmenbedingungen unser gewohnter Wohlstand weiterhin leistbar ist. Machtverschiebung Diese Frage ist auch deshalb von Relevanz, weil die neue Herangehensweise der Jungen in Kombination mit einem größer werdenden Arbeitskräftemangel auftritt. Johannes Kopf, Vorstandsvorsitzender des AMS Österreich, bezeichnet das als veritable „Machtverschiebung“. „Wir sehen heute einen Arbeitnehmerinnen-/Arbeitnehmermarkt, der in vielen Bereichen jedenfalls dem Bewerber bzw. der Bewerberin einmal ganz andere Chancen gibt“, hält er fest. Das steigende Angebot an offenen Stellen bei gleichzeitig sinkender Nachfrage vonseiten potenzieller KandidatInnen führt dazu, dass man nicht mehr jeden Job unter allen Bedingungen annehmen muss.

— 36 — „Der Markt hat sich verändert“ Johannes Kopf „Da hat sich der Markt wirklich verändert. Und das ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für sehr viele Betriebe, die sich mit dem Thema Arbeitgeberattraktivität einfach sehr lange nicht beschäftigen mussten“, meint Johannes Kopf. Arbeitskräfte kommen nicht mehr quasi von selbst, und abwandernde sind auch nicht mehr ohne weiteres zu ersetzen. „Es geht um die zentrale Frage der potenziellen Mitarbeitenden: Warum soll ich gerade zu Ihnen kommen? Wenn ich darauf als Arbeitgeber keine klare Antwort habe, dann werde ich keine Mitarbeiterinnen und keine Mitarbeiter für das Unternehmen generieren können. Und diese Antwort darf sich heute nicht nur um die Höhe des Gehaltes bewegen, sondern vor allem auch um Möglichkeiten der weiteren Qualifizierung im Beruf.“ bringt André Ewers die heutige Position der Arbeitnehmenden auf den Punkt. Wenn die Arbeitnehmenden Veränderung einfordern, müssen die Arbeitgeber diesem Verlangen nachkommen, möchten sie in Zukunft nicht ohne Beschäftigte dastehen. „Wenn die Marktverhältnisse sich ändern, muss man sich mehr bemühen.“ So einfach fasst Johannes Kopf die Herausforderung für Unternehmen zusammen. Karoline Klezl, Mitglied der Geschäftsführung des Familienbetriebs Querfeld, zu dem unter anderem die Wiener Kaffeehäuser „Café Museum“ und „Café Landtmann“ gehören, setzt dabei auf das Motto „Klasse statt Masse“. „Es sollte jeder den Anspruch haben, nicht viele, sondern die richtigen Mitarbeitenden zu finden“, ist sie überzeugt. Aus ihrer Sicht können zehn motivierte und vor allem fair bezahlte Arbeitnehmende mehr vollbringen, als es zwanzig mäßig entlohnte Mitarbeitende tun würden. In Karoline Klezls Unternehmen wird jede und jeder gemäß Kollektivvertrag überbezahlt, eine Form der Wertschätzung, die sich – im doppelten Wortsinn – bezahlt macht. Ebenso wichtig wäre es, meint Barbara Teiber, Bundesvorsitzende der Gewerkschaft GPA, dass vonseiten der Politik die notwendigen Rahmenbedingungen für eine moderne Arbeitswelt geschaffen werden. Auch sie sieht den vermehrten Wunsch nach Teilzeitarbeit, „aber es gibt auch genug Menschen, die gerne Vollzeit arbeiten würden.“ Auch Mütter, die Betreuungspflichten haben und mangels flächendeckender Kinderbe-

— 37 — treuung oder dem schwachen Angebot an Ganztagsschulen für viele Jahre in der Teilzeit verharren müssen. Dieser Umstand verschärft den Arbeitskräftemangel zusätzlich. Für die Wirtschaft ist die neue Situation am Arbeitsmarkt einigermaßen rasch und zum Teil auch überraschend eingetreten. Waren zu Beginn der Corona-Pandemie noch die Arbeitnehmer in der Defensive – es drohten Pleiten, Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit – hat sich nur zwei Jahre später das Kräfteverhältnis gedreht. Das ist für Andreas Zakostelsky, Generaldirektor der VBV-Gruppe, allerdings kein Grund, sich als Unternehmen aufs Lamentieren zu beschränken. „Was uns auffällt ist, und das sage ich auch ganz kritisch an der Stelle, dass es schon viele Unternehmen gibt, die in erster Linie jammern, dass sie keine qualifizierten Mitarbeitenden finden.“ Sein Appell lautet, dass man sich wirklich anstrengen und etwas tun muss. Nur so würden neue Angestellte zu erreichen und ins Boot zu holen sein. Von Employer Branding und Quiet Quitting Wer als Unternehmen langfristig attraktiv für Arbeitnehmende sein möchte, tut gut daran, an seinem „Employer Branding“ zu arbeiten. Damit ist der Aufbau einer starken und positiv konnotierten Arbeitgebermarke gemeint. Ein Unternehmen, bei dem Neuein- und Umsteiger gerne mitarbeiten möchten und das ein klares Profil aufweist. Wofür steht ein Betrieb? Welche Umgangsformen herrschen dort? Wie sieht es mit Homeoffice aus? Auf all diese Fragen zielt das Employer Branding ab. Und die Investition lohne sich nachhaltig, betont Gabriele Faber-Wiener: „Employer Branding bedeutet auch Employer Care.“ Und was die Mitarbeitenden im Betrieb erleben, tragen sie später nach außen – zu den Kundinnen und Kunden und zu potenziellen neuen Mitarbeitenden. Employer Branding bleibt allerdings dort wirkungslos, wo es sich auf pure PR reduziert und ansonsten nicht erlebbar wird. Was sich zunächst gut anhört und für ein positives Image sorgen soll, muss auch ernsthaft gemeint und gelebt werden. Sich das Label „verantwortungsvoller Arbeitgeber“ anzuheften, ohne entsprechende Schritte zu setzen, entspricht in etwa dem Greenwashing in Sachen Umweltschutz. „Wichtig wäre mir schon auch zu sagen: Das muss wirklich nachhaltig sein, diese Verantwortung muss glaubhaft übernommen werden, dass sich etwas ändert

— 38 — im Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern“, merkt Barbara Teiber an. Rebekka Dober, Gründerin und CEO von YEP, einem Verein für Mitbestimmung, gesellschaftliche Partizipation und Empowerment von Jugendlichen, hat für Unternehmen, die an ihrer Attraktivität als Arbeitgeber arbeiten, noch einen Tipp: „If it’s about them, don’t do it without them!“ Die, um die es geht und die auch angesprochen werden sollen, also vor allem jüngere Menschen, sollten an solchen Maßnahmen und Programmen mitwirken. Quiet Quitting – Gesunde Einstellung oder Ausrede zum Faulenzen? Die Arbeit nicht komplett einstellen, aber so weit herunterfahren, dass man gerade noch seinen Pflichten nachkommt. So könnte man das Phänomen „Quiet Quitting“ salopp beschreiben. Nicht die Arbeitsmotivation hat sich geändert, sondern die Prioritäten. Der Begriff stammt vom TikToker und Influencer Zaid Zeppelin. In seinem vielgeklickten Video formuliert er es so: „Du kündigst nicht deinen Job, arbeitest aber nicht mehr als dein Vertrag vorsieht. Arbeit ist nicht dein Leben, dein Wert als Mensch definiert sich nicht über deine Produktivität.“ Dahinter steht der Wunsch jüngerer Arbeitnehmender, sich im Job nicht so aufreiben zu lassen wie die Elterngeneration. Es handelt sich um eine Gegenbewegung zur „Hustle Culture“, die sich durch Überperformance und Arbeiten bis über die Belastungsgrenzen hinaus auszeichnet. Das Diensthandy wird pünktlich zum Arbeitsende ausgeschaltet, Mails werden nach Feierabend ignoriert und Überstunden werden zur absoluten Ausnahme. Dies kann einerseits eine gesunde Haltung zur Arbeit darstellen, aber andererseits auch einen negativen Beigeschmack erhalten. Der Vorwurf der „Faulheit“ steht schnell im Raum. Info „If it's about them, don't do it without them!“ Rebekka Dober

— 39 — Dass diese Einstellung nicht nur auf Gegenliebe stößt, liegt auf der Hand. Vorgesetzte sehen an erster Stelle fehlende Ambitionen. Wer täglich pünktlich den Arbeitsplatz verlässt, behindert unter Umständen die Arbeit der anderen Mitarbeitenden. Ein „Ich bleibe heute ein wenig länger, damit wir das Projekt noch fertigstellen können“ wird dann zu einem „Feierabend, ich muss los“. Zurück bleiben genervte Kolleginnen bzw. Kollegen und Führungskräfte. Jedenfalls wird damit der Effekt des Personalmangels verstärkt. Eigentlich sollten in der aktuellen Situation weniger Menschen mehr leisten. Quiet Quitting führt zum Gegenteil. Das Feld zwischen Arbeiten bis zum Burnout und Faulenzertum ist groß und Quiet Quitting liegt irgendwo in der Mitte. Zum Quiet Quitting muss es gar nicht erst kommen, wenn die Führungskräfte ihren Mitarbeitenden mit Wertschätzung und einem offenen Ohr begegnen. Bedürfnisse ernst nehmen, Talente fördern, Wege zur Weiterbildung anbieten und die Arbeitnehmenden nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern als Menschen wahrnehmen. Das sind gute Vorkehrungen, um dem Weg Richtung Herunterfahren der Arbeitsleistung und Gedanken der Kündigung vorzubeugen. Info Unternehmen, die nicht auf die Bedürfnisse ihrer Angestellten eingehen, riskieren ein Phänomen, das vor allem der Generation Z zugeschrieben wird: Quiet Quitting. Das ist keineswegs mit der bereits bekannten „inneren Kündigung“ gleichzusetzen, sondern eher mit „Dienst nach Vorschrift“. Es beschreibt die Verweigerung der „Extrameile“, des zusätzlichen Engagements, das vom Arbeitgeber gerne gefordert wird. Was zunächst nach einer gesunden Einstellung zur Arbeit erscheint, kann bei Vorgesetzten, aber vor allem bei den Kolleginnen „Die Themen Einspringen oder kurzfristige Personalpläne werden immer heraus- fordender.“ Barbara Teiber

— 40 — und Kollegen für Unmut sorgen. „Die Themen Einspringen oder kurzfristige Personalpläne werden immer herausfordernder“, sagt Barbara Teiber. Das verdeutlicht die klare Abgrenzung, die besonders die Jungen zwischen Berufs- und Privatleben ziehen. Im Spannungsverhältnis zwischen Work und Life wird der Lebensqualität deutlich mehr Bedeutung beigemessen als der Arbeitsleistung. Welchen Sinn hat meine Arbeit? Unternehmen, die sich mit Employer Branding auseinandersetzen, kommen nicht umhin, sich mit Sinn und Purpose zu beschäftigen. Jüngere Generationen ticken anders als die Babyboomer, und das drückt sich auch in der Frage „Welchem Zweck dient meine Arbeit?“ aus. Dagegen verlieren die Faktoren Sicherheit und angemessene Bezahlung an Bedeutung. „Ich glaube, die neue Generation sagt einfach: Das sind acht Stunden am Tag, das ist ein Drittel meines Tages, das ist ein Drittel meiner Lebenszeit und das möchte ich gerne sinnvoll verwenden“, hält Rebekka Dober fest. Das spiegelt sich auch deutlich in den Studien und Umfrageergebnissen von YEP wider: Knapp 60 Prozent der jungen Arbeitnehmenden unter 35 Jahren wollen in ihrem Beruf etwas machen, das Sinn und Wirkung hat. Eine Tatsache, die Unternehmen ernst nehmen müssen, um in Zukunft als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Diese Meinung teilt auch Andreas Zakostelsky: „Wir merken, dass immer mehr Menschen nicht nur einen sinnvollen Job machen wollen. Das heißt, dass sie nicht nur wissen wollen, was sie ganz konkret beitragen können, sondern sie wollen auch in einem Unternehmen arbeiten, das sinnstiftend ist.“ Das Mittel zum Zweck – Erwerbsarbeit, um sein Leben zu finanzieren – wird zum Zweck mit Sinn. „Die Unternehmen, die heute sagen: Ja, das ist wichtig und kein Nebenbei, sondern eine wichtige Perspektive für uns, das sind die Gewinnerinnen und Gewinner von morgen“, beschreibt Dober die Handlungsempfehlung für Arbeitgebenden. In den Salzburger Landeskliniken werden diese Aspekte aktuell im Rahmen einer Leitbildentwicklung der Pflege regelmäßig mit Vertreterinnen und Vertretern aller Abteilungen besprochen, erklärt André Ewers. „Was „Wir merken, dass immer mehr Menschen in einem Unternehmen arbeiten wollen, das sinnstiftend ist.“ Andeas Zakostelsky

— 41 — motiviert uns morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Was ist das innere Ziel dessen, was wir da eigentlich (und gerne) tun?“ Hinzu kommt das große Bedürfnis der neuen Generationen, im Berufsleben aktiv mitgestalten zu können. Diesem wird laut YEP-Studien allerdings kaum entsprochen: 50 Prozent der 18- bis 35-Jährigen in Österreich haben den Eindruck, in ihrem Job nicht mitreden oder gar mitbestimmen zu können. Dieses Faktum wird als einer der Hauptgründe für die sinkende Loyalität gegenüber den Arbeitgebenden gesehen. Wirft man einen Blick auf die Umfrage von YEP, zeigt sich deutlich, dass die enorme Mehrheit von über 80 Prozent der Befragten länger in den Unternehmen bleiben würden, wenn sie mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung hätten. Für Karoline Klezl ist das allerdings keine Einbahnstraße, in der es ausschließlich Aufgabe der Unternehmen wäre, für Mitbestimmung zu sorgen. Sie ist der Ansicht, dass viele jungen Menschen verlernt haben, sich selbst einzubringen. „Ihr Weg wurde gebulldozert“, so Klezl. Das ist keine gute Basis für eigenverantwortliches Handeln. Seinen Frust in sich hineinzufressen und seinen Unmut hinter dem Rücken der Vorgesetzten zu entladen, bringt keine Veränderungen. Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden, ist Klezl überzeugt, und darüber hinaus muss man auch selbst bereit sein, Teil der Lösung zu sein. Um diese vermeintliche Passivität zu überwinden, versucht die Führungsriege der Pflege in den Salzburger Landeskliniken aktiv an der Befähigung ihrer Mitarbeitenden zu arbeiten, erklärt André Ewers und führt dazu aus: „Ich entscheide als professionelle Pflegeperson in einem Arbeitsprozess, wie ich diesen gestalte und - besonders wichtig - abschließe . Und keiner redet mir dazwischen.“ Hier sieht Ewers eine wichtige Stellschraube in Sachen Selbstbewusstsein und Zufriedenheit der Angestellten. Mündige Arbeitnehmende bringen sich selbst in die Gestaltung des Arbeitsalltags ein und der Arbeitgeber muss die dafür notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. „Was motiviert uns morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen?“ André Ewers

— 42 — Bildung als Schlüssel zu einer nachhaltigen (Arbeits-)Welt Angesichts des stetigen und raschen Wandels, dem nicht zuletzt die Arbeitswelt ausgesetzt ist, ist der Aspekt der Weiterbildung ein zentrales Steinchen im Mosaik des Employer Branding. „Wir als Unternehmen sind gefordert, in die Weiterentwicklung und Ausbildung der Mitarbeitenden zu investieren. Nämlich sowohl im Sinne der Qualifikation für den unmittelbaren Job, aber auch im Sinne dessen, dass man partizipativ miteinander umgehen kann“, erklärt Andreas Zakostelsky. Wichtig festzuhalten ist auch, dass es trotz Arbeitskräftemangel auch solche Menschen gibt, die vom aktuellen Strukturwandel negativ betroffen sind. Wo daher Arbeitsplatzverlust droht, ist laut Johannes Kopf ein Plus an Qualifizierung erforderlich, weil neue Fertigkeiten und Qualifikationen erforderlich sind. „Da braucht es vernünftige neue arbeitsmarktpolitische Antworten für vom Strukturwandel der Gesellschaft betroffene Beschäftigte“, so Johannes Kopf. Gerade im Hinblick auf die Herausforderungen, die sich aus dem Klimawandel ergeben, sind neue Handlungsweisen und somit auch neue Kenntnisse gefragt. Man denke nur an die Nachhaltigkeitsberichte, die von Unternehmen erstellt werden müssen. Dabei sind nicht nur Zahlen zu erheben, sondern auch entsprechende Maßnahmen abzuleiten. „Wir können auf politischer Ebene Klimaziele beschließen, immer strengere, immer bessere. All das wird nichts bringen, wenn es die Menschen nicht gibt, die es umsetzen können“, hält Barbara Teiber fest. Nicht zuletzt entspricht die Beschäftigung mit dem Klimawandel bzw. dem Setzen von Gegenmaßnahmen dem Anspruch an Unternehmen, nachhaltig zu wirken. Das gilt auch für die Frage, ob man Menschen im Berufsleben eine Chance gibt, die auf den ersten Blick nicht die „idealen Kandidatinnen bzw. Kandidaten“ wären. „Alle wollen die schönen Lebensläufe“, erklärt Karoline Klezl. Gleichzeitig gibt es Menschen, die arbeiten wollen, deren CVs aber nicht ohne „Makel“ sind. Wer in jemanden investiert, und zwar nicht ausschließlich Bildung, sondern auch Vertrauen, wird in den meisten Fällen belohnt, ist sie überzeugt. Nachhaltigkeit manifestiert sich nicht nur in Form von optimalen CO2-Emissionen, sondern ebenso im zwischenmenschlichen Bereich. „Alle wollen die schönen Lebensläufe“ Karoline Klezl

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